Was passiert mit Deiner Immobilie, wenn Du nicht mehr bist? Die richtigen Entscheidungen bei einer Immobilienerbschaft können Dir oder Deinen Erben Tausende Euro an Steuern sparen. Ein falscher Schritt hingegen treibt die Steuerlast in die Höhe und zwingt im schlimmsten Fall zum Verkauf der Familienimmobilie.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Wann fällt bei geerbten Immobilien überhaupt Steuer an?
- 2 Was bedeutet das konkret für Dich?
- 3 Die wichtigsten Steuerklassen und Freibeträge auf einen Blick
- 4 Wenn das Geld für die Steuer nicht reicht: Diese Lösung bietet das Gesetz
- 5 So funktioniert die Wertermittlung bei geerbten Immobilien
- 6 Häufige Fragen zur Erbschaftssteuer bei Immobilien
- 7 Checkliste: Diese Schritte solltest Du bei einer geerbten Immobilie beachten
- 8 Quellen
Wann fällt bei geerbten Immobilien überhaupt Steuer an?
Die Erbschaftssteuer entsteht, wenn Vermögenswerte wie Immobilien, Geld oder Wertpapiere nach dem Tod einer Person auf die Erben übergehen. Dabei muss jeder Erbe nur für seinen eigenen Anteil Steuern zahlen. Die gute Nachricht: Es gibt großzügige Freibeträge und besondere Regelungen, die Dir helfen können, Steuern zu sparen oder ganz zu vermeiden. [1]
Wie hoch die Steuer ausfällt, hängt von zwei entscheidenden Faktoren ab:
- Dem Verwandtschaftsgrad zum Erblasser
- Dem Verkehrswert der geerbten Immobilie
Die Höhe der Freibeträge richtet sich nach dem Verwandtschaftsverhältnis zum Verstorbenen. Ehepartner und eingetragene Lebenspartner können bis zu 500.000 Euro steuerfrei erben. Kinder haben einen Freibetrag von 400.000 Euro, Enkel von 200.000 Euro. [2][3]
Was bedeutet das konkret für Dich?
Erbt ein Ehepartner eine Immobilie im Wert von 450.000 Euro, fällt keine Erbschaftssteuer an, da der Wert unter dem Freibetrag liegt. Bei einer wertvollen Immobilie von 700.000 Euro müsste der Partner hingegen auf 200.000 Euro (700.000 – 500.000) Erbschaftssteuer zahlen – es sei denn, es greift eine der Sonderregelungen.
Wie Du das Familienheim komplett steuerfrei erben kannst
Eine besonders attraktive Regelung betrifft das sogenannte “Familienheim”. Dabei handelt es sich um eine Immobilie, die vom Erblasser bis zu seinem Tod selbst bewohnt wurde und den Mittelpunkt des familiären Lebens bildete. [1]
- Für Ehegatten und eingetragene Lebenspartner: Das Familienheim kann vollkommen steuerfrei vererbt werden – unabhängig vom Wert der Immobilie!
- Für Kinder: Auch Kinder können das Familienheim unter bestimmten Voraussetzungen steuerfrei erben, allerdings nur bei einer Wohnfläche bis 200 m². Bei größeren Immobilien muss für die übersteigende Fläche Erbschaftssteuer gezahlt werden.
Wichtig dabei: Die Steuerbefreiung ist an strenge Bedingungen geknüpft. Die geerbte Immobilie muss:
- Im Inland, EU- oder EWR-Raum liegen
- Vom Erben unverzüglich für den eigenen Wohnbedarf genutzt werden
- Als primärer Wohnsitz dienen
- Mindestens zehn Jahre lang vom Erben bewohnt werden [4]
Die zehnjährige Behaltenspflicht ist dabei besonders kritisch. Verkaufst Du die Immobilie früher oder nutzt sie nicht mehr selbst als Hauptwohnsitz, musst Du die komplette Erbschaftssteuer nachzahlen. [2][4]
Was passiert, wenn mehrere Erben eine Immobilie erben?
Nach dem deutschen Erbrecht, das im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt ist, entsteht bei mehreren Erben automatisch eine Erbengemeinschaft. Jeder Erbe wird dabei anteilig Miteigentümer der Immobilie. [5]
Wie verteilen sich die Anteile?
Ohne Testament gilt die gesetzliche Erbfolge:
- Ehegatten erben neben Verwandten erster Ordnung (Kinder) ein Viertel des Nachlasses
- Neben Verwandten zweiter Ordnung (Eltern, Geschwister) erben sie die Hälfte
- Im Güterstand der Zugewinngemeinschaft erhöht sich der Erbteil um ein weiteres Viertel
Kinder erben zu gleichen Teilen. Ist ein Kind bereits verstorben, geht dessen Erbteil an seine eigenen Kinder über. [5]
Eine Erbengemeinschaft bringt Herausforderungen mit sich. Alle Entscheidungen zur Immobilie müssen einstimmig getroffen werden. Dies betrifft Renovierungen, Vermietung oder Verkauf. Können sich die Erben nicht einigen, bleibt oft nur die Teilungsversteigerung – was meist zu Verkaufspreisen unter Marktwert führt.
Die wichtigsten Steuerklassen und Freibeträge auf einen Blick
Je nach Verwandtschaftsgrad fallen unterschiedliche Steuersätze an. Das Erbschaftsteuer- und Schenkungsgesetz (ErbStG) teilt Erben in drei Steuerklassen ein:
Steuerklasse I
- Ehepartner und eingetragene Lebenspartner: 500.000 € Freibetrag
- Kinder und Stiefkinder: 400.000 € Freibetrag
- Enkel: 200.000 € Freibetrag
- Eltern und Großeltern (nur im Erbfall): 100.000 € Freibetrag
Steuerklasse II
- Geschwister, Nichten, Neffen, Stiefeltern, Schwiegereltern, geschiedene Ehepartner: 20.000 € Freibetrag
Steuerklasse III
- Alle übrigen Erben: 20.000 € Freibetrag [3]
Die Steuersätze beginnen bei 7% in Steuerklasse I und können bis zu 50% in Steuerklasse III erreichen, abhängig vom Wert des steuerpflichtigen Erwerbs.
Wenn das Geld für die Steuer nicht reicht: Diese Lösung bietet das Gesetz
Stell Dir vor: Du erbst eine wertvolle Immobilie, hast aber nicht genug Bargeld, um die anfallende Erbschaftssteuer zu bezahlen. In diesem Fall bietet das Gesetz eine Lösung.
Auf Antrag kann die Erbschaftssteuer bis zu zehn Jahre gestundet werden, wenn die Zahlung eine erhebliche Härte bedeuten würde. Diese Regelung findet sich in § 28 Abs. 3 des Erbschaftsteuer- und Schenkungsgesetzes (ErbStG). So musst Du die geerbte Immobilie nicht überstürzt verkaufen, nur um die Steuer zu bezahlen. [3]
Wann wird eine Stundung gewährt?
Eine Stundung kommt in Betracht, wenn:
- Die Zahlung der Steuer aus dem vorhandenen Vermögen nicht möglich ist
- Die sofortige Zahlung eine unbillige Härte darstellen würde
- Die Stundung die Steuereinnahmen nicht gefährdet
Beachte jedoch: Bei einer Stundung fallen in der Regel Zinsen an, was die Gesamtbelastung erhöhen kann.
So funktioniert die Wertermittlung bei geerbten Immobilien
Für die Berechnung der Erbschaftssteuer ist der aktuelle Verkehrswert der Immobilie maßgeblich. Dieser entspricht dem Preis, der im normalen Geschäftsverkehr für die Immobilie zu erzielen wäre. [2]
Das Finanzamt ermittelt den Wert nach dem Bewertungsgesetz mit verschiedenen Methoden:
Bei vermieteten Mehrfamilienhäusern: Das Ertragswertverfahren berücksichtigt die Mieterträge und das Alter der Immobilie.
Bei Ein- und Zweifamilienhäusern: Das Vergleichswertverfahren zieht vergleichbare Immobilienverkäufe in der Region heran.
Bei selbst genutzten Immobilien: Das Sachwertverfahren basiert auf den Herstellungskosten und dem Bodenwert.
Wichtig: Offene Darlehen auf der Immobilie verringern den steuerlichen Wert. Hat die geerbte Immobilie noch eine Restschuld von 150.000 Euro bei einem Verkehrswert von 500.000 Euro, beträgt der anzusetzende Wert nur 350.000 Euro. [3]
Häufige Fragen zur Erbschaftssteuer bei Immobilien
Gilt die 10-Jahres-Frist für das Familienheim ausnahmslos?
Nein, es gibt Ausnahmen. Bei “zwingenden Gründen” entfällt die Nachzahlung der Erbschaftssteuer. Dazu zählen:
- Tod des Erben
- Gesundheitsbedingte Umzüge in eine altersgerechte Wohnung
- Umzug in ein Pflegeheim aufgrund von Pflegebedürftigkeit [2]
Kann ich meine Zweitwohnung als Familienheim steuerfrei erben?
Nein, die Steuerbefreiung gilt nur für die Hauptwohnung des Erblassers und nur, wenn der Erbe sie ebenfalls als Hauptwohnsitz nutzt. Eine Ferienwohnung oder ein Wochenendhaus qualifiziert sich nicht für die Steuerbefreiung. [2][4]
Wie wirkt sich eine Schenkung zu Lebzeiten auf die Erbschaftssteuer aus?
Eine Immobilienschenkung zu Lebzeiten kann steuerlich vorteilhaft sein, da dieselben Freibeträge wie bei der Erbschaft gelten, aber alle zehn Jahre neu ausgeschöpft werden können. So kannst Du durch rechtzeitige Planung Vermögen steuergünstig übertragen.
Checkliste: Diese Schritte solltest Du bei einer geerbten Immobilie beachten
- Erbschaftssteuer berechnen
– Wie hoch ist der aktuelle Verkehrswert? – Welche Freibeträge stehen Dir zu? – Greift die Steuerbefreiung fürs Familienheim?
- Entscheidung treffen
– Selbst einziehen (für Steuerbefreiung) – Vermieten (Steuer fällig, aber Einnahmen generieren) – Verkaufen (Steuer fällig, aber Liquidität schaffen)
- Bei Selbstnutzung
– Unverzüglich einziehen – Als Hauptwohnsitz anmelden – Mindestens zehn Jahre wohnen bleiben
- Bei Erbengemeinschaft
– Einvernehmliche Lösung mit Miterben suchen – Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft erwägen – Eventuell Teilungsversteigerung verhindern
- Bei Steuerzahlung
– Prüfen, ob Bargeld für Steuerzahlung vorhanden – Gegebenenfalls Stundung beantragen – Alternative Finanzierungsmöglichkeiten prüfen
Immobilienerbschaften bringen Freude, aber auch Herausforderungen mit sich. Mit diesen Informationen bist Du gut gerüstet, um die steuerlichen Aspekte zu meistern und das Beste aus Deiner geerbten Immobilie zu machen. Für eine individuelle Beratung zu Deiner spezifischen Situation solltest Du aber unbedingt einen Steuerberater oder Fachanwalt für Erbrecht konsultieren.
Zögere nicht, uns zu kontaktieren, wenn Du weitere Fragen zum Thema Immobilienerbschaft hast oder professionelle Unterstützung bei Verkauf, Vermietung oder Bewertung Deiner geerbten Immobilie benötigst.
Quellen
- [1] www.wuestenrot.de/ratgeber/erbschaftssteuer-bei-immobilien
- [2] www.finanztip.de/erbschaftssteuer/immobilien/
- [3] www.wohnen-im-eigentum.de/artikel/die-geerbte-eigentumswohnung-was-erbende-beachten-sollten
- [4] www.heid-immobilienbewertung.de/ratgeber/erbschaftssteuer-auf-immobilien/
- [5] www.pwklose.de/erbrecht-immobilien/